Schengener Grenzkodex Verordnung (EU) 2016/399
Schengener Grenzkodex
Verordnung (EU) 2016/399
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absatz 2 Buchstaben b und e,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
- in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)Die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich, die genannte Verordnung zu kodifizieren.
- (2)Der Erlass von Maßnahmen nach Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe e des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), die sicherstellen, dass Personen beim Überschreiten der Binnengrenzen nicht kontrolliert werden, ist Teil des Ziels der Union nach Artikel 26 Absatz 2 AEUV, einen Raum ohne Binnengrenzen aufzubauen, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist.
- (3)Gemäß Artikel 67 Absatz 2 AEUV muss die Schaffung eines Raums des freien Personenverkehrs mit flankierenden Maßnahmen einhergehen. Zu diesen Maßnahmen gehört die in Artikel 77 Absatz 1 Buchstabe b AEUV vorgesehene gemeinsame Politik bezüglich des Überschreitens der Außengrenzen.
- (4)Gemeinsame Maßnahmen bezüglich des Überschreitens der Binnengrenzen durch Personen sowie bezüglich der Grenzkontrollen an den Außengrenzen sollten dem in den Rahmen der Union einbezogenen Schengen-Besitzstand, insbesondere den einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen sowie dem Gemeinsamen Handbuch, Rechnung tragen.
- (5)Das Recht auf freien Personenverkehr der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen sowie der Drittstaatsangehörigen und ihrer Familienangehörigen, die aufgrund von Übereinkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits über ein Recht auf freien Personenverkehr verfügen, das dem der Unionsbürger gleichwertig ist, wird durch ein gemeinsames Regelwerk für das Überschreiten der Grenzen durch Personen weder in Frage gestellt noch beeinträchtigt.
- (6)Grenzkontrollen liegen nicht nur im Interesse des Mitgliedstaats, an dessen Außengrenzen sie erfolgen, sondern auch im Interesse sämtlicher Mitgliedstaaten, die die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft haben. Grenzkontrollen sollten zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung und des Menschenhandels sowie zur Vorbeugung jeglicher Bedrohung der inneren Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit und der internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten beitragen.
- (7)Grenzübertrittskontrollen sollten auf eine Weise durchgeführt werden, bei der die menschliche Würde in vollem Umfang gewahrt wird. Die Durchführung von Grenzkontrollen sollte auf professionelle und respektvolle Weise erfolgen und, gemessen an den verfolgten Zielen, verhältnismäßig sein.
- (8)Die Grenzkontrollen umfassen nicht nur die Personenkontrollen an den Grenzübergangsstellen und die Überwachung zwischen diesen Grenzübergangsstellen sondern auch die Analyse des Risikos für die innere Sicherheit sowie der Bedrohungen, die die Sicherheit der Außengrenzen beeinträchtigen können. Daher müssen die Voraussetzungen, Kriterien und Modalitäten sowohl der Kontrollen an den Grenzübergangsstellen als auch der Überwachung, einschließlich der Abfragen im Schengener Informationssystem (SIS), festgelegt werden.
- (9)Es ist notwendig, Vorschriften zur Berechnung der zulässigen Dauer von Kurzaufenthalten in der Union festzulegen. Klare, einfache und einheitliche Regelungen in allen Rechtsakten, in denen diese Frage behandelt wird, wären für Reisende wie Grenz- und Visumbehörden gleichermaßen von Vorteil.
- (10)Da allein durch eine Verifizierung der Fingerabdrücke sich eindeutig bestätigen lässt, dass eine Person, die in den Schengen-Raum einreisen will, mit dem Visuminhaber identisch ist, sollten Bestimmungen für die Nutzung des in der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vorgesehenen Visa-Informationssystems (VIS) an den Außengrenzen erlassen werden.
- (11)Zur Prüfung, ob die Einreisebedingungen für Drittstaatsangehörige gemäß dieser Verordnung erfüllt sind, und zur erfolgreichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben sollten die Grenzschutzbeamten alle erforderlichen verfügbaren Informationen, einschließlich Abfragen des VIS, nutzen.
- (12)Um zu verhindern, dass Grenzübergangsstellen, an denen das VIS genutzt wird, umgangen werden könnten, und um die volle Wirkung des VIS zu gewährleisten, muss das System bei Einreisekontrollen an den Außengrenzen in einheitlicher Weise genutzt werden.
- (13)Da im Falle von Mehrfachanträgen biometrische Daten erneut verwendet und von dem ersten im VIS gespeicherten Antrag übernommen werden können, sollte die Nutzung des VIS für Einreisekontrollen an den Außengrenzen obligatorisch sein.
- (14)Die Nutzung des VIS sollte eine systematische Abfrage des VIS mit der Nummer der Visummarke in Kombination mit einer Verifizierung der Fingerabdrücke umfassen. Angesichts der potenziellen Auswirkungen solcher Abfragen auf die Wartezeiten an Grenzübergängen sollte es jedoch möglich sein, für einen Übergangszeitraum ausnahmsweise und unter genau festgelegten Umständen eine Abfrage des VIS ohne systematische Verifizierung der Fingerabdrücke durchzuführen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass diese Ausnahme nur dann Anwendung findet, wenn die dazu erforderlichen Bedingungen uneingeschränkt gegeben sind, und dass die Dauer und die Häufigkeit der Anwendung dieser Ausnahme an den einzelnen Grenzübergängen auf ein striktes Mindestmaß begrenzt werden.
- (15)Um übermäßige Wartezeiten an den Grenzübergangsstellen zu vermeiden, sollte es möglich sein, bei außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen die Kontrollen an den Außengrenzen zu lockern. Dokumente von Drittstaatsangehörigen müssen aber auch bei gelockerten Grenzübertrittskontrollen weiterhin systematisch abgestempelt werden. Anhand der Abstempelung lässt sich mit Sicherheit das Datum und der Ort des Grenzübertritts feststellen, ohne dass in allen Fällen überprüft werden muss, ob die für die Kontrolle der Reisedokumente erforderlichen Maßnahmen durchgeführt worden sind.
- (16)Sofern die Umstände es zulassen, sollten zur Verkürzung der Wartezeiten für Personen, die über das Unionsrecht auf freien Personenverkehr verfügen, an Grenzübergangsstellen getrennte Kontrollspuren mit einheitlicher Beschilderung in allen Mitgliedstaaten eingerichtet werden. Auf internationalen Flughäfen sollten getrennte Kontrollspuren eingerichtet werden. Wo es angemessen erscheint und soweit die örtlichen Umstände es zulassen, sollten die Mitgliedstaaten erwägen, an den Grenzübergangsstellen der See- und Landgrenzen getrennte Kontrollspuren einzurichten.
- (17)Die Mitgliedstaaten sollten vermeiden, dass der wirtschaftliche, soziale und kulturelle Austausch durch die Kontrollverfahren an den Außengrenzen stark behindert wird. Zu diesem Zweck sollten sie eine angemessene Anzahl von Personal und finanziellen Mitteln bereitstellen.
- (18)Die Mitgliedstaaten sollten nach Maßgabe ihres nationalen Rechts die für den Grenzschutz zuständige nationale Stelle bzw. zuständigen nationalen Stellen bestimmen. Sind in einem Mitgliedstaat mehrere Stellen für den Grenzschutz zuständig, so sollte es eine enge und ständige Zusammenarbeit geben.
- (19)Die operative Zusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung der Mitgliedstaaten bei den Grenzkontrollen sollten durch die mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates errichtete Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten (im Folgenden Agentur) verwaltet und koordiniert werden.
- (20)Die Kontrollen im Rahmen der allgemeinen Polizeibefugnisse, die Personensicherheitskontrollen bei Flügen, die denen bei Inlandsflügen entsprechen, die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten, gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3925/91 des Rates in Ausnahmefällen das Gepäck zu kontrollieren und die nationalen Rechtsvorschriften über das Mitführen von Reise- und Identitätsdokumenten oder die Verpflichtung für Personen, ihre Anwesenheit im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats den Behörden zu melden, bleiben von der vorliegenden Verordnung unberührt.
- (21)In einem Raum, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, sollte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen eine Ausnahme bleiben. Grenzkontrollen oder entsprechende Formalitäten, die ausschließlich auf Grund des Überschreitens einer solchen Grenze erfolgen, sollten unterbleiben.
- (22)Der Aufbau eines Raums, in dem der freie Personenverkehr über die Binnengrenzen hinweg gewährleistet ist, ist eine der größten Errungenschaften der Union. In einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen bedarf es einer gemeinsamen Antwort auf Situationen, die eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit dieses Raums, von Teilen dieses Raums oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten darstellen, indem die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen gestattet wird, ohne dass der Grundsatz des freien Personenverkehrs berührt wird. Angesichts der möglichen Auswirkungen derartiger nur als letztes Mittel anzuwendender Maßnahmen auf alle Personen, die innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen über das Recht auf Freizügigkeit verfügen, müssen die Bedingungen und Verfahren für die Wiedereinführung solcher Maßnahmen festgelegt werden, um sicherzustellen, dass sie eine Ausnahme darstellen und dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Der Umfang und die Dauer der vorübergehenden Wiedereinführung solcher Maßnahmen sollten auf das zur Bewältigung einer ernsthaften Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit unbedingt erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.
- (23)Da der freie Personenverkehr durch die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beeinträchtigt wird, sollten Entscheidungen über die Wiedereinführung solcher Kontrollen nach gemeinsam festgelegten Kriterien getroffen und der Kommission ordnungsgemäß mitgeteilt oder von einem Organ der Union empfohlen werden. In jedem Fall sollte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen eine Ausnahme bleiben und nur als letztes Mittel in begrenztem Umfang und für einen befristeten Zeitraum auf der Grundlage bestimmter objektiver Kriterien und einer auf Unionsebene zu überwachenden Bewertung der Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme eingesetzt werden. Erfordert eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit sofortiges Handeln, so sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von längstens zehn Tagen haben. Eine Verlängerung dieses Zeitraums sollte auf Unionsebene überwacht werden.
- (24)Die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen sollte anhand der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit, die dem Erfordernis einer solchen Wiedereinführung zugrunde liegt, geprüft werden; darüber hinaus sollte untersucht werden, welche alternativen Maßnahmen auf nationaler und/oder Unionsebene ergriffen werden könnten und welche Auswirkungen diese Kontrollen auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen hätten.
- (25)Im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit auf Ebene des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder auf nationaler Ebene, insbesondere als Folge von terroristischen Zwischenfällen oder Bedrohungen oder von Bedrohungen durch die organisierte Kriminalität, könnte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Ausnahmefall geboten sein.
- (26)Migration und das Überschreiten der Außengrenzen durch eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen sollte nicht an sich als Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit betrachtet werden.
- (27)Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Abweichung vom grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng auszulegen und setzt der Rückgriff auf den Begriff der öffentlichen Ordnung auf jeden Fall voraus, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
- (28)Auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen in Bezug auf die Funktionsweise des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und als Beitrag zur Gewährleistung einer kohärenten Umsetzung des Schengen-Besitzstands kann die Kommission Leitlinien zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen erarbeiten, und zwar in Fällen, die eine Maßnahme als vorübergehende Reaktion verlangen, und in Fällen, die eine sofortige Maßnahme erforderlich machen. Diese Leitlinien sollten klare Indikatoren enthalten, die die Bewertung der Umstände erleichtern, die eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit darstellen könnten.
- (29)Werden in einem Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so sollten der Kommission, um die Einhaltung der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates angenommenen Empfehlungen zu gewährleisten, Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit sie empfehlen kann, dass der evaluierte Mitgliedstaat bestimmte Maßnahmen wie den Einsatz von Europäischen Grenzschutzteams, die Unterbreitung strategischer Pläne oder - als letztes Mittel unter Berücksichtigung des Ernstes der Lage - die Schließung einer bestimmten Grenzübergangsstelle ergreift. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates, ausgeübt werden. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii jener Verordnung sollte das Prüfverfahren angewandt werden.
- (30)Die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen nach einem besonderen Verfahren auf Unionsebene könnte auch im Falle außergewöhnlicher Umstände und als letztes Mittel gerechtfertigt sein, wenn aufgrund anhaltender schwerwiegender Mängel im Zusammenhang mit der Kontrolle von Außengrenzen, die im Rahmen eines strengen Evaluierungsverfahrens nach den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgestellt wurden, das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, insoweit diese Umstände eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in diesem Raum oder in Teilen dieses Raums darstellen würden. Dieses besondere Verfahren für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen könnte auch unter denselben Voraussetzungen dadurch ausgelöst werden, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Pflichten in schwerwiegender Weise vernachlässigt hat. Da solche Maßnahmen, welche die nationalen Exekutiv- und Vollstreckungsbefugnisse in Bezug auf die Kontrolle an den Binnengrenzen berühren, politisch heikel sind, sollten dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit er auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen nach diesem besonderen Verfahren auf Unionsebene annehmen kann.
- (31)Vor der Annahme derartiger Empfehlungen über die vorübergehende Wiedereinführung der Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen sollte rechtzeitig und gründlich geprüft werden, inwieweit auf Maßnahmen, die auf die Beseitigung des ursprünglichen Problems zielen, zurückgegriffen werden kann, beispielsweise auf Hilfsmaßnahmen durch Einrichtungen und sonstige Stellen der Union wie die Agentur oder das durch den Beschluss 2009/371/JI des Rates errichtete Europäische Polizeiamt (im Folgenden Europol) und Unterstützungsmaßnahmen technischer oder finanzieller Art auf nationaler und/oder auf Unionsebene. Wird ein schwerwiegender Mangel festgestellt, so kann die Kommission finanzielle Unterstützungsmaßnahmen ergreifen, um dem betreffenden Mitgliedstaat zu helfen. Des Weiteren sollte sich jegliche Empfehlung der Kommission oder des Rates auf fundierte Informationen stützen.
- (32)Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, sofort geltende Durchführungsrechtsakte zu erlassen, wenn dies in hinreichend begründeten Fällen im Zusammenhang mit Umständen, die eine Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich ist.
- (33)Die Evaluierungsberichte und Empfehlungen nach den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 sollten die Grundlage für das Auslösen der in dieser Verordnung vorgesehenen bestimmten Maßnahmen im Falle schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen und des ebenfalls in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Verfahrens im Falle außergewöhnlicher Umstände, in denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, bilden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission nehmen gemeinsam regelmäßige, objektive und unparteiische Evaluierungen vor, um zu überprüfen, ob diese Verordnung ordnungsgemäß angewendet wird, und die Kommission koordiniert die Evaluierungen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Der Evaluierungsmechanismus umfasst folgende Elemente: mehrjährige und jährliche Evaluierungsprogramme, angekündigte und unangekündigte Inspektionen vor Ort durch ein kleines Team, das sich aus Vertretern der Kommission und von den Mitgliedstaaten benannten Experten zusammensetzt, von der Kommission angenommene Berichte über das Ergebnis der Evaluierung, vom Rat auf Vorschlag der Kommission angenommene Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen, geeignete Folgemaßnahmen, Überwachung und Berichterstattung.
- (34)Da das Ziel der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 und ihrer nachfolgenden Änderungen, nämlich die Festlegung eines Regelwerks für das Überschreiten der Grenzen durch Personen, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden konnte, sondern vielmehr auf Unionsebene besser verwirklicht werden konnte, konnte die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gingen diese Verordnung und ihre nachfolgenden Änderungen nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (35)Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte hinsichtlich der Einführung zusätzlicher Überwachungsmaßnahmen und der Änderung der Anhänge dieser Verordnung zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
- (36)Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind. Sie sollte unter Beachtung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in den Bereichen internationaler Schutz und Nichtzurückweisung angewandt werden.
- (37)Abweichend von Artikel 355 AEUV findet diese Verordnung nur auf die europäischen Gebiete Frankreichs und der Niederlande Anwendung. Sie berührt nicht die für Ceuta und Melilla geltenden Sonderregelungen, wie sie in dem Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Spanien zu dem Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 festgelegt sind.
- (38)Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Verordnung angenommen hat, ob es sie in nationales Recht umsetzt.
- (39)Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates genannten Bereich gehören.
- (40)Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates genannten Bereich gehören.
- (41)Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates genannten Bereich gehören.
- (42)Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates nicht beteiligt; das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
- (43)Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates nicht beteiligt; Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
- (44)Was Bulgarien, Kroatien, Zypern und Rumänien betrifft, stellen Artikel 1 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a, Titel III sowie die Bestimmungen des Titels II und dessen Anhänge, die sich auf das SIS und das VIS beziehen, einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt jeweils im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003, des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 und des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2011 dar -
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Quelle: EURLEX
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